Güllebehandlung: Bodengesundheit Teil 4
Die beste Gülle ist die, die gar nie entsteht. Ammoniak ist weder in der Atmosphäre noch für das Bodenleben gesund. So verenden z.B. Regenwürmer in kurzer Zeit, wenn sie einer zu hohen Ammoniakkonzentration ausgesetzt sind.
Wo‘s stinkt, da ist was faul
Durch Fäulnis gehen wertvolle Nährstoffe als giftige Gase verloren. Wertvolle Bodenpilze und Nematoden sind in Böden, die regelmäßig unbehandelter Gülle ausgesetzt sind, nur selten zu finden (siehe mein Artikel „Bodenuntersuchung mit dem Mikroskop“ im GL 78).
Wenn sich jemand einen Stall(um)bau leisten kann, dann bitte fest und flüssig trennen! Wer aber Gülle hat, kann sie durch Behandlung in eine Form bringen, die für das Bodenleben verträglich ist.
Fermentation statt Fäulnis
Konservierung durch Fermentation kennen wir von Silage oder Sauerkraut. Die dafür notwendigen und natürlich vorhandenen Milchsäurebakterien finden dort ideale Bedingungen vor, dass sie sich von ganz alleine durchsetzen.
Nur bei schlechten Voraussetzungen wie Schmutz im Futter kann es notwendig sein, Milchsäurebakterien zuzusetzen, damit diese in der Überzahl bleiben.
Da Gülle eher Bedingungen für Fäulnisbakterien bietet, muss man dort die Milchsäurebakterien durch Güllebehandlung fördern.
1. Bedingungen für Milchsäurebakterien verbessern
- Je intensiver die Fütterung (proteinreiches Kraftfutter), desto kleiner das C/N Verhältnis in der Gülle und desto besser werden die Bedingungen für Fäulnis.
- Fäulnisbakterien brauchen ein anaerobes Milieu, während Milchsäurebakterien „fakultativ anaerob“ sind – das heißt, sie können sowohl mit als auch ohne Sauerstoff überleben. Eine dicke Schwimmdecke hilft der Fäulnis, während z.B. wöchentliches Rühren die flexibleren Milchsäurebakterien bevorzugt.
- Hilfsstoffe wie Pflanzenkohle, Leonardit, Steinmehle können an allen möglichen Stellen ins System eingebacht werden: auf die Liegeboxen, in den Laufgang, in den Schwemmkanal, in die Grube, zum Teil auch ins Futter (Biorichtlinien beachten).
2. Milchsäurebakterien gezielt anwenden – „Quorum sensing“
Den Begriff Quorum kennen einige von Genossenschaftsversammlungen. Es ist die Mindestanzahl an Mitgliedern, die anwesend sein muss, um beschlussfähig zu sein. Sensing bedeutet „spüren“.
Mikroorganismen senden und empfangen dauernd Signale und können so „spüren“, ob sie (also die eigene Gattung) in ausreichender Konzentration vorhanden sind. Erst wenn das Quorum erfüllt ist, werden sie wirksam. Danach geht es zu wie im echten Leben: die meisten Mikroorganismen sind Opportunisten. Wenn die konservierenden, fermentierenden Mikroorganismen also lauter schreien als die zersetzenden, faulenden, dann wird sich die Mehrheit der Konservierungspartei anschließen.
„Fermente“
sind Flüssigkeiten mit wertvollen Mikroorganismen, die unter verschiedenen Markennamen erhältlich sind (z.B. EM). Sie können auch selbst hergestellt werden (das ist aber eine eigene Geschichte).
Nach der Logik des Quorum sensing müssen die Fermente konzentriert ausgebracht – und da die Gülle von Haus aus die Fäulnisbakterien bevorzugt – auch regelmäßig (wöchentlich) angewendet werden. Gerüchteweise hört man von Betrieben, die die Mikrobiologie in der Grube und im ganzen Betrieb so nachhaltig verbessert haben, dass sie die Mengen an Hilfsstoffen und Fermenten laufend reduzieren können. Waschmittel und Antibiotika machen der Mikrobiologie das Leben schwer und sollten möglichst vermieden werden. Bei Melkmaschinenreinigern kann es hilfreich sein, wenn sich die sauren und alkalischen Abwässer zuerst in einem Vorbehälter neutralisieren, bevor sie weiter in die Güllegrube fließen.
Verdünnung
der Gülle mit Wasser ist weder erwünscht (Quorum sensing!) noch notwendig (Kostenersparnis beim Ausbringen), denn fertig behandelte Gülle ist viel fließfähiger.
Sie stinkt nicht, haftet nicht an den Blättern und ist auch nicht scharf. Man muss bei der Ausbringung also nicht mehr auf baldigen Regen hoffen.
Über die notwendigen Mengen an Hilfsstoffen und Fermenten möchte ich keine Angaben machen, da die betrieblichen Umstände unterschiedlich sind. Genauere Beratung zu dem Thema kann man bei Ingrid Bauer in Bayern oder bei humusbewegung.at bekommen. Alle genannten Maßnahmen sind für einen gesunden Boden notwendig, kosten aber Zeit und Geld. Somit wären wir wieder am Anfang des Artikels.
Die beste Gülle ist die, die gar nie entsteht. Viva la Vollweidehaltung und viva la nomadische Freilandhaltung im Winter!
Alle Infos auf der Website:
www.humusbewegung.at