Neuer Anlauf für Neue Gentechnik
Die Diskussion um Neue Gentechnik (NGT) in der Europäischen Union geht in die nächste Runde. Nach der Kommission und der Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament fordern jetzt auch die EU-Mitgliedsstaaten im Rat der Europäischen Union eine Deregulierung der Neuen Gentechnik. Damit geht es jetzt in die „Trilogverhandlungen“ zwischen Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament. Viele Punkte bleiben aber weiterhin offen.
Fehlende Rückverfolgbarkeit
Im Gegensatz zur momentan gültigen Gesetzeslage sollen in Zukunft 94% aller Saatgutsorten, die mit Neuer Gentechnik hergestellt wurden, keine Zulassungsverfahren inklusive Verfahren zur Risikoanalyse und Untersuchung von Umweltauswirkungen mehr durchlaufen. Aber damit nicht genug: Geht es nach der Kommission, soll es für viele NGT-Produkte nicht einmal möglich sein, eine Zulassung rückwirkend aufzuheben, wenn Probleme auftreten. Auf Drängen der Grünen hat im Europäischen Parlament eine Mehrheit der Abgeordneten gefordert, dass die Zulassung beim Auftreten von Problemen entzogen werden soll. Noch ist aber unklar, ob diese Position in den Trilogverhandlungen besteht.
Patente
Obwohl die Kommission einen großen Teil von Produkten aus Neuer Gentechnik von nun an mit jenen herkömmlicher Züchtung gleichsetzen möchte, wird es weiterhin möglich sein, Patente auf Gentechnik-Produkte anzumelden. Dabei ist noch komplett ungeklärt, wie nachgeprüft werden soll, ob Merkmale durch Genmanipulation oder klassische Züchtung zustande gekommen sind. Große und kleine Züchter:innen könnten damit schnell große rechtliche Schwierigkeiten bekommen. Das EU-Parlament hat in seiner Position bestimmt, dass Pflanzen aus neuer Gentechnik nicht patentierbar sein sollen. Patente sind aber keine EU-Kompetenz, sondern werden vom Europäischen Patentamt vergeben. Um NGT aus der Patentierbarkeit auszunehmen, müssten alle 38 Unterzeichnerstaaten des europäischen Patentübereinkommens zustimmen.
Neue Gentechnik in der Bio Landwirtschaft
Die Kommission schlägt vor, dass die Bio-Landwirtschaft als einziger Sektor gentechnikfrei bleibt. Dafür soll GVO-Saatgut gekennzeichnet werden. Die zentrale Frage, wie eine Kontamination entlang der Produktionskette vermieden werden und Bio-Landwirt:innen unter diesen Bedingungen eine gentechnikfreie Produktion sicherstellen sollen, lässt sie dabei unbeantwortet. Die Mehrheit der Abgeordneten im Europäische Parlament hat sich gegen verpflichtende Koexistenzmaßnahmen wie Anbauabstände, verpflichtende Registrierung etc. ausgesprochen. Die Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat wiederum wollen schon, dass Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen können, um das unbeabsichtigte Vorhandensein von Gentechnikpflanzen im ökologischen Landbau in ihrem Hoheitsgebiet zu vermeiden.
Opt out
Laut EU-Kommission soll eine einmal erteilte Zulassung oder Eintragung jedenfalls EU-weit gelten. Die EU-Mitgliedstaaten können den Anbau dieser NGT-Pflanzen dann nicht mehr verbieten. Besonders für Österreich, dessen gentechnikfreie Bio- und konventionelle Landwirtschaft ein internationaler Exportschlager ist, ist das ein herber Schlag. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wollen mehrheitlich eine Opt-out-Option für Mitgliedsstaaten. Das würde bedeuten, dass Österreich Gentechnikfrei bleiben könnte. Einzelne ÖVP-Abgeordnete, darunter Alexander Bernhuber, haben bei diesem Punkt nicht mitgestimmt, während die NEOS gegen ein Opt-out gestimmt haben. Die Mitgliedsstaaten wollen ein Opt-out nur für einige wenige NGT-Pflanzen.
Wie es mit der Deregulierung der Neuen Gentechnik nun weiter geht, werden die Verhandlungen zeigen. Für uns aber ist klar: Technofixes werden das Problem nicht lösen.
Nur eine Agrarwende hin zu klima- und biodiversitätsfreundlichen Methoden, ein Fokus auf regionale Kreisläufe und die kleinstrukturierte Landwirtschaft können die Folgen der Klimakatastrophe eindämmen. Mit genug öffentlichem Druck verstehen das vielleicht auch die konservativen Parteien und die Europäische Kommission.