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18.09.2023 EU-News

My­then und Fak­ten

Obstbaumreihe und Schafe

Mythen und Fakten rund um das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur

Das EU-Naturwiederherstellungsgesetz, auch als Renaturierungsgesetz bekannt, schlägt mediale Wellen und ÖVP und Co lassen nichts unversucht, um mit haarsträubenden Falschbehauptungen Angst und Unsicherheit zu schüren. Vor allem Bäuerinnen und Bauern sollen so gegen die überlebensnotwendigen Maßnahmen aufgebracht werden. Zeit für einen Faktencheck: 

Thema Ernährungssicherheit:

ÖVP und Co behaupten, das Gesetz würde die europäische Versorgungssicherheit gefährden. Tatsächlich ist die Europäische Landwirtschaft exportorientiert und produziert mehr als genug. Rund zwei Drittel der EU-Getreideproduktion sind für Tierfutter bestimmt. Ein großer Teil des Weizens landet auch in Biosprit. 20 % der Lebensmittel wird sogar weggeworfen. Was tatsächlich unsere Ernährungssicherheit gefährdet, ist die Klima- und Biodiversitätskrise. Nur gesunde Ökosysteme liefern trinkbares Wasser, saubere Luft, aktive Bestäuber und fruchtbare Böden.

Schreckensgespenst Außernutzungstellung:

Diese Falschbehauptung geistert schon lange in Leitartikeln und Kommentaren umher, wird durch ständiges Wiederholen aber auch nicht wahrer. In der EU Biodiversitätsstrategie 2030 hat die EU-Kommission das Ziel formuliert, bis 2030 10% der Agrarfläche in der EU mit so genannten Landschaftselementen mit großer Vielfalt zu gestalten, um Lebensraum für gefährdete Arten und Bestäuber zu schaffen, aber auch um den Humusaufbau zu fördern und der Bodenerosion entgegenzuwirken. Dazu gehören laut EU Biodiversitätsstrategie 2030 unter anderem Pufferstreifen, Rotationsbrachen oder rotationsunabhängige Brachen, Hecken, Bäume, Trockenmauern oder Teiche. Landwirtschaftliche Nutzung ist dabei weiter erlaubt, beispielsweise durch den Anbau Ertrag bringender Bäume, als Paludikultur oder als Weideland. Die EU Wiederherstellungsverordnung soll einen Beitrag leisten, um dieses Ziel zu erreichen, legt dabei aber keinen rechtlich bindenden Zielwert für die einzelnen Mitgliedstaaten fest. Vielmehr sollen die Mitgliedstaaten im Zuge der Erstellung der nationalen Wiederherstellungspläne selbstständig Zielwerte festlegen und dabei die für den nationalen Kontext und involvierte Landbesitzer:innen jeweils besten Werkzeuge nutzen. 

Zur Finanzierung:

Geld, das für die Natur ausgegeben wird, ist eine Investition und kein Kostenfaktor. Die Europäische Kommission hat errechnet: Jeder in die Wiederherstellung der Natur investierte Euro bringt eine Rendite von 8 bis 38 Euro. Für genau diese Investitionen stellt die EU auch viel Geld zur Verfügung: Der laufende mehrjährige Finanzrahmen der EU sieht einen steigenden Anteil an Ausgaben für die Artenvielfalt vor. Ein Großteil der jährlichen Sanierungskosten von 8,2Mrd. € könnte daher damit gestemmt werden. Außerdem können Gelder aus der GAP herangezogen werden. Die Finanzierung kann auch über LIFE Programme, die Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF), den Repair-EU Fonds, Regionalentwicklungsfonds oder den Kohäsionsfonds und viele weitere erfolgen. Auf Mitgliedsstaatenebene hat Österreich bereits einen Biodiversitätsfonds eingerichtet, der teilweise aus RRF und nationalen Töpfen finanziert wird.

Von ihrer Panikmache lässt sich die ÖVP aber nicht mit Fakten abhalten. Sie agiert weiterhin gegen ein Gesetz, das darauf abzielt, Böden, Wasser und Bestäuber, also die Fundamente der landwirtschaftlichen Arbeit, zu erhalten. Die bringen ja weniger Geld ein, als die Agrarindustrie-Lobbyisten in Brüssel.

Tom Waitz
Thomas Waitz

Vorstandsmitglied GBB Österreich + Steiermark

Europaabgeordneter

Bio-Imker und Forstwirt

[email protected]
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