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15.07.2024 News

EU-Ent­wal­dungs­ver­ord­nung wich­ti­ger Schritt

Deflorestation in Brazil

Industriekritik daran fadenscheinig

Wälder sind weltweit durch Abholzung und die Folgen des Klimawandels bedroht. Nach Angaben der UN gehen 16 Prozent der weltweiten Abholzung der Regenwälder (etwa 67,2 Mio. ha) auf das Konto von Importen in die EU. Aber auch in der EU ist ein Großteil der Wälder in keinem guten Zustand. Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten haben daher 2023 die Entwaldungsverordnung (EUDR: Regulation on Deforestation Free Products) beschlossen. Sie gibt vor, dass Produkte aus Rohstoffen wie Holz, Palmöl, Soja, Kaffee, Kakao und Gummi, die in die EU importiert und aus der EU exportiert werden ohne Entwaldung oder Waldschädigung erzeugt sein müssen. Akteure müssen dafür eine Sorgfaltspflichtregelung umsetzen.

Für Holz gilt,

a) es darf nicht von Flächen stammen, die nach dem 31.12.2020 entwaldet wurden und

b) muss auf eine Weise geerntet werden, die nach dem 31.12.2020 keine Waldschädigung zur
Folge hat.

Verschiedene Arten der Holzernte sind zulässig, sofern diese nicht zu einer Umwandlung führen, die unter die Definition der Schädigung fällt. 

Industrie am Holzweg

Im Zuge der erstarkenden pauschalen Kritik am Green Deal, aber auch bewusst gestreut von der Holzindustrie, sind immer wieder Halbwahrheiten und Vorurteile im Umlauf. Es wird beispielsweise behauptet, dass Länder, deren Waldfläche konstant bzw. zunehmend ist, von unnötiger Bürokratie verschont werden müssten. Nur, der Faktor Fläche sagt nicht viel über den Zustand des Waldes aus. Handelt es sich dabei um schnellumtriebige Monokulturen, die mit schweren Maschinen per Kahlschlag geerntet werden, bring das der Artenvielfalt oder dem Klima nichts.

Im Gegenteil, diese Flächen setzen Treibhausgase frei und heizen sich stärker auf als naturnah bewirtschaftete. Aufgrund der vermeintlich einfachen Bearbeitung und des schnellen Profits sind sie bei der Holzindustrie aber sehr beliebt.

Die nachhaltige Bewirtschaftung und der funktionierende Gesetzesvollzug in der EU werden ebenfalls gern ins Feld geführt. Dass es mit beidem nicht so gut bestellt ist, zeigt der Zustand der EU-Wälder, den ich auch auf meinen Waldreisen der letzten Jahre zu Augen bekam.

Seien es hunderte Hektar große Kahlschläge in Spanien, riesige, kurzlebige Monokulturen in Nordeuropa, schädliche Erntepraktiken in Kroatien oder die fortdauernde Abholzung der letzten europäischen Urwälder in Rumänien. Dem Einwand, dass mindestens ein Aufschub bei der Umsetzung notwendig sei, muss ebenfalls widersprochen werden. Die betroffenen Unternehmen und Verantwortlichen hatten bisher schon fast ein Jahr Zeit um sich einzustellen und haben noch bis Ende des Jahres Zeit die EUDR umzusetzen. Das müsste eigentlich reichen. Für kleine und mittlere Akteure gelten außerdem eine verlängerte Frist sowie einige Sonderregelungen.

Hinter dem Argument, dass Entwaldungsschutz doch viel effektiver über Handelsabkommen zu regeln sei, steckt wohl eher die Hoffnung, dass dies dann de facto nur für Drittstaaten gilt. Klar haben einige Länder im Waldschutz noch ganz andere Probleme zu meistern, im Schatten derer die europäische Holzindustrie hofft, weiter ihrem bisherigen, wenig nahhaltigen, aber profitablen Geschäftsmodell nachgehen zu können.

Einfache Umsetzung in der Hand des Landwirtschaftsministeriums

Und zum Stichwort Bürokratie und Praxistauglichkeit: Die Datenlage in Österreich ist bereits sehr gut, womit Möglichkeiten bestehen sollten, die Umsetzung für Bäuerinnen und Bauern möglichst einfach und unbürokratisch zu gestalten. Hier ist das BML in der Pflicht, bestehende Daten zu nutzen um dieses wichtige Gesetz möglichst effizient umzusetzen. 

Sollte sich im Laufe der Zeit tatsächlich ein erheblicher Mehraufwand herausstellen, gerade auch für Kleinbäuer:innen, die ihre vielfältigen Mischwälder naturnah und klimaresilient bewirtschaften, dann müssen wir in der Tat über Verbesserungen der praktischen Umsetzung sprechen.

Bisher sind es aber vor allem die Großindustrieinteressen, die versuchen, mit fadenscheinigen Argumenten ihr zerstörerisches Geschäftsmodell zu retten.

Mit der Torpedierung der für die Lungen unseres Planeten so wichtigen EUDR bezwecken sie vor allem ihre Anpassungskosten gering und ihre Profite weiter hoch zu halten.

Tom Waitz
Thomas Waitz

Vorstandsmitglied GBB Österreich + Steiermark

Europaabgeordneter

Biobauer, Imker und Forstwirt

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